
Norbert Simmerl und Das Kanu des Manitu: Ein Karl-May-Experte aus Parkstein äußert sich
Norbert Simmerl und Das Kanu des Manitu: Ein Karl-May-Experte aus Parkstein äußert sich

Wenn es um Karl-May-Filme geht, macht Norbert Simmerl so schnell keiner was vor. Der Parksteiner gilt in der Region als wandelndes Lexikon der legendären Streifen aus den 1960er-Jahren. Persönlich getroffen hat er sie alle: Pierre Brice, den unvergessenen Winnetou, und dessen Leinwandgefährten Terence Hill, Marie Versini, Karin Dor, Uschi Glas, Mario Adorf oder Ralf Wolter. Auch Komponist Martin Böttcher, der den Filmen ihre unverwechselbare Musik gab, sowie die Produzenten Horst Wendlandt und Atze Brauner zählen zu seinen Begegnungen. Sogar Christopher Barker, den Sohn von Old-Shatterhand-Darsteller Lex Barker, traf Simmerl persönlich. Und zuhause besitzt er eine Nachbildung der “Silberbüchse”. Klar, dass er auch die Drehorte in Kroatien besuchte.

Mitglied der Karl-May-Gesellschaft
Als anerkanntes Mitglied der Karl-May-Gesellschaft lässt er keine Gelegenheit aus, sich mit seinem Herzensthema zu befassen. Kein Wunder also, dass er auch einer der Ersten war, die Michael Bully Herbigs neuen Film “Das Kanu des Manitu” im Kino sah. „Man macht nichts falsch, wenn man reingeht“, resümiert er. An den Kult-Erfolg “Der Schuh des Manitu” komme der zweite Teil jedoch nicht heran. Der Film ist aber ein Riesenerfolg an der Kinokasse, was allein der Montagabend im Neue-Welt-Kinocenter unterstrich.
“Santa Maria” – Sky du Mont – liest ein Karl-May-Buch im Zug
Positiv überrascht hat Simmerl vor allem die Einbindung von Pierre Brice in einer kurzen Sequenz: Mit Archivbildern aus “Winnetou II”, in der der Apachenhäuptling an einem Wasserfall vorbeireitet. Auch eine Szene mit Sky du Mont, der als Öl-Baron Santa Maria in der Kutsche das Karl-May-Buch “Der Ölprinz” liest, hat ihm gefallen. „Das ist ein guter Einfall, auch wenn es dem angeschlagenen Karl-May-Verlag wirtschaftlich kaum helfen wird“, wie er meint.
“Kein Mensch kauft heute noch Karl-May-Bücher”
Warum der Verlag strauchelt, sei klar: „Kein Mensch kauft heute noch Karl-May-Bücher“, sagt Simmerl nüchtern. Gründe gebe es viele. Die damalige Sichtweise des Radebeuler Autors auf die Ureinwohner Amerikas und ein Überangebot auf Flohmärkten und Online-Plattformen, dazu eine Gesellschaft, in der das Lesen immer stärker von Smartphone und Streaming verdrängt werde. „Heute benutzt jeder sein Handy.“
Reine Phantasiegeschichten
Mit deutlichen Worten äußert sich der Parksteiner auch zu aktuellen Debatten. Begriffe wie „kulturelle Aneignung“ im Zusammenhang mit Karl May hält er für verfehlt: „Das sind reine Phantasiegeschichten des sächsischen Autors.” Man müsse schon die Kirche im Dorf lassen. „Wer heute fordert, Insekten zu essen, eignet sich doch ebenfalls etwas aus fremden Kulturen an.“
Auch Gojko Mitic kritisierte “Schuh des Manitu”
Pierre Brice selbst hatte “Der Schuh des Manitu” damals kritisiert, ebenso wie DDR-Winnetou Gojko Mitic. „Dass Mitic damals auch so dachte, wird heute totgeschwiegen“, erinnert Simmerl. Doch er ist überzeugt: Wäre Brice heute noch am Leben, würde er “Das Kanu des Manitu” mit milderen Augen sehen. „Die Gags gehen nicht mehr unter die Gürtellinie, und die Native Americans werden diesmal nicht ins Lächerliche gezogen. Bully hält sich dezent zurück.“
Bitte keinen dritten Teil mehr
Trotz aller Sympathie sieht Simmerl die Zeit für eine Fortsetzung eher kritisch. Besonders Christian Tramitz, der den Ranger spielt, wirke bald zu alt für die Rolle. „In zehn Jahren wäre er 80. Das nimmt ihm keiner mehr ab.“ Michael Bully Herbig und Rick Kavanian könnten ihre Figuren zwar noch etwas länger tragen. Natürlich wird ihr vorgerücktes Alter von den Protagonisten selber auf die Schippe genommen. Doch für Simmerl ist klar: „Das sollte jetzt definitiv der Abschluss sein.“
Kinolegenden wecken unbezahlbare Erinnerungen
Für Simmerl selbst bleibt die Leidenschaft ungebrochen. Erst kürzlich stieß er im Neue Welt Kinocenter auf lebensgroße Aufstellbilder von Winnetou und Old Shatterhand, die er sich nachproduzieren lassen möchte. Das Original sei heute kaum mehr bezahlbar. „Da legt man locker tausend Euro auf den Tisch“, weiß er. Für ihn jedoch unbezahlbar bleibt die Erinnerung an Begegnungen mit seinen Helden und die Liebe zu Karl May, die ihn seit Jahrzehnten begleitet.