Peter Angermann zeigt Tankstellen der Lebensfreude in Weiden

Weiden. Der Kunstverein präsentiert Peter Angermann mit farbiger Freiluftmalerei zwischen idyllischem Witz und Gesellschaftskritik, und seine Bilder werden zu Tankstellen der Lebensfreude.

Peter Angermann zeigt Tankstellen der Lebensfreude in Weiden

Titel Kriegstüchtig Foto: Ludwig Kreutzer
Peter Angermann rechts Wolfgang Herzer Foto: Ludwig Kreutzer

Der an der oberpfälzisch-fränkischen Grenze, mit seiner Familie in der ländlichen Landschaft im Grünen lebende Peter Angermann gehört zu den Spitzenkünstlern der Gegenwartskunst. Er steht in der jüngeren Kunstgeschichte und lässt sich im fränkischen Raum sogar als eine Art schulbildende Kraft und Apologet einer aufgeklärten heilen Welt betrachten.

Dort, wo er hoch gelegen wohnt, in einer ehemaligen Funkanlage aus der Zeit des Kalten Krieges, hat man einen weltumarmenden Blick in die Weite. Drei Windräder rudern am Horizont; die Triade der alten Flur- und Wegekreuze findet hier ihre ökologisch-technologisch optimistische Entsprechung. Wir gehen zum Atelier, das außerhalb der Umzäunung liegt. Ludwig Kreutzer und ich sind mit einem mittelgroßen Sprinter gekommen; wir wollen die Exponate von Peter Angermanns Ausstellung abholen. Plötzlich haben wir viel Zeit.

Der im Hang liegende, selbst gebaute Weiher, dessen Bau und Werdegang natürlich bildnerisch dokumentiert sind, hat sich über die Jahre zu einem prächtigen Biotop entwickelt, in dem der Künstler gerne schwimmt. Wir kleben wie in einem Traum auf der Schwelle zur Transzendenz fest und hören Peter Angermann zu, der mit Blick auf den Weiher nicht allein bildender Künstler ist. Man meint die Gegenwart von Newton und Goethe zu spüren.

Kalter Krieg im Monumentalformat

Cut: Wir betreten das Atelier, und da bleibt einem der Atem stehen. Es empfängt uns im Monumentalformat und, anrückend im Schäfchenwolken-Tarnanzug, der Kalte Krieg – heute und damals, wie der Alt-68er Angermann erklärt.

Schulkinder, die es zwischen den leuchtenden klerikalen und den dunklen Mächten eilig haben, suchen im großen Bild das Weite – so flugs, wie sich das Liebespaar am Aussichtsturm nebenan die Kleider vom Leib reißt, um mit der Suche nach der Freiheit in einer besseren Welt zu beginnen. Make love, not war. Pan in der Oberpfalz. Die Zentralperspektive, ursprünglich ein Symbol der göttlichen Ordnung, könnte zur Falle geworden sein.

Wissenschaftliche Beobachtungen und Kunst

Die teils krassen wissenschaftlichen Beobachtungen, von denen wir am Weiherrand erfahren, und anderes von biologischer, physikalischer und chemischer Natur, wie zum Beispiel die Technik des Verschlingens eines Frosches durch eine riesige Ringelnatter im Weiher und die Folgen des Klimawandels und so weiter, zeigen bei dem Künstler Peter Angermann neben dem Chromatiker, von dem die Bilder zeugen, auch die Art des Wissenschaftlers.

VGN Nürnberg – Phase1
VGN Nürnberg – Phase1

Er kann in den Erscheinungen Soul, Science und Politics ein zusammenhängendes Ganzes sehen.

Biografie und Lehre

Er wurde 1954 in Rehau geboren. Nach seinem Studium an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg bei dem dortigen Vorreiter der Abstraktion Gerhard Wendland bis 1968 studierte er an der Kunstakademie in Düsseldorf bei Joseph Beuys, dem Aktions- und Konzeptkünstler. Gegen dessen Doktrin opponierte er mit den tschechischen Freunden Jan Knaap und Milan Kunc unter dem Feldzeichen einer neuen cartoonesken Volkskunst, und er war selbst längere Zeit Professor am Städel Frankfurt und an der HDK Nürnberg.

Stil, Gesellschaftskritik und Arbeiten im öffentlichen Raum

Seine Arbeiten sind keinem Stil zuzuordnen, besitzen aber eine subtile heiter-ironisch-romantische Anmutung, viel Spitzweg-Witz im Umgang mit den Insignien und Motiven der heilen Welt im ländlichen Raum, wo er im direkten Kontakt leichthändig mit den Gegebenheiten Freiluftmalerei betreibt.

Auf den ersten Blick könnten seine unzähligen klarfarbigen Landschaftsansichten kitschig wirken, doch er nutzt gerade diese scheinbare Naivität erfolgreich, um auf frohsinnige Art im geschwinden Spiel seiner abbildlichen Stenogramme versteckt und treffsicher wie Daumier Gesellschaftskritik zu üben.

Das macht seine Arbeiten, die kein Thema auslassen, persönlich, frech und liebenswert und lässt sie Tankstellen der Lebensfreude werden. Angermann schuf außerdem in diesem Sinne stimmig Arbeiten für den öffentlichen Raum wie 1985 ein Mosaik für den U-Bahnhof Hohe Marter in Nürnberg. Mehr ÖPNV könnte der Titel sein. Die Bar ist geöffnet (Herzer, Bode).