SPD-Stadtrat schrieb Postkarten aus dem KZ Dachau: Stadtarchiv erhält Schenkung
SPD-Stadtrat schrieb Postkarten aus dem KZ Dachau: Stadtarchiv erhält Schenkung
Dr. Sebastian Schott, Leiter des Stadtarchivs Weiden, hat für die aktuelle “Oberpfälzer Heimat” die Postkarten des Weidener Sozialdemokraten Josef Tröger aus dem Konzentrationslager Dachau ausgewertet.
Das Thema entpuppte sich als interessante Geschichte: Schott setzte sich mit der Person Josef Tröger auseinander und der Rolle der Gefangenenpost im Konzentrationslager. Tröger (geboren 1895 in Hutzlmühle, Klobenreuth) war gelernter Maler und später Lackierer und Gewerkschafter im Reichsbahn-Ausbesserungswerk (RAW) in Weiden. Er wurde Ende der 1920er Jahre in den Stadtrat gewählt und im Juli 1933 wie viele Gewerkschafter und SPD-Stadträte und nach Dachau gebracht.
Das Verbot der SPD am 22. Juni 1933 bedeutete für die sozialdemokratischen Stadträte die Inschutzhaftnahme. Während die acht Stadträte der Bayerischen Volkspartei nach einem Tag ausnahmslos ihre Mandate aufgaben, bleiben die SPD-Stadträte standhafter – und damit auch weiter in Gefangenschaft.
Krankenhausreif geprügelt
Tröger blieb sieben Monate in Haft. Während dieser Zeit hat er 12 Postkarten an “seine Resi” geschrieben. In die (zensierte) Gefangenenpost mussten Standardtexte eingefügt werden. Etwa die Formulierung “Sind gut in Dachau angekommen” – “obwohl die Inhaftierten schrecklich verprügelt wurden”, wie Schott weiß. Auch Tröger schreibt “Mach dir keine Sorgen um mich”, obwohl er nach den Misshandlungen bei der Ankunft so schwer verletzt war, dass er zwei Wochen in der Krankenbaracke bleiben musste.
Die Inhaftierung, die anders als bei einer rechtmäßigen Strafe kein vorher bestimmtes Ende hatte, zog sich quälend. Vor Weihnachten 1933 schreibt Tröger: “Ob ich zu Weihnachten zuhause bin oder nicht kann ich auch nicht sagen, ich wünsche es. (…) Wer große Hoffnungen hegt kann auch große Enttäuschungen erleben.” Tochter Charlotte war zu diesem Zeitpunkt drei Jahre alt. Erst Mitte Januar 1934 wurde Tröger aus der “Schutzhaft” entlassen.
Der Sozialdemokrat Tröger habe sich nach seiner Entlassung im Januar 1934 zunächst nicht mehr politisch betätigt, so Schott. Die Weidener SPD war zerschlagen. “Aber er war ein toller, mutiger Mann – obwohl er ja genau gewusst hat, was mit Regimegegnern passiert.” Tröger kümmerte sich um andere Opfer der NS-Diktatur, etwa die letzten jüdischen Menschen, die im April 1942 aus Weiden deportiert wurden. Er hatte ein Malergeschäft, später eine Kohlehandlung. Dabei waren ihm Kriegsgefangene zugeteilt, die er wiederum so gut behandelte, dass dies zu Denunziationen ihm gegenüber führte.
Im August 1944 wurde Tröger im Rahmen der “Aktion Gewitter” (Folge des Stauffenberg-Attentats) mit anderen Sozialdemokraten ein weiteres Mal inhaftiert. Diesmal wurde er in das KZ Flossenbürg gebracht. Die Entlassung erfolgte im Oktober 1944.
“Ein großer Mensch und Demokrat”
1945, nach der Befreiung durch die US-Truppen, war Tröger unter Oberbürgermeister Franz-Joseph Pfleger zweiter Bürgermeister: “Er hat sich auch in diesem Amt immer sehr anständig verhalten.” Tröger setzte sich unter anderem dafür ein, dass der jüdische Kaufmann Lothar Friedmann – der erste Rückkehrer nach Weiden – sein Geschäft zurückerhielt, “was nicht so einfach war”. Schotts Bewertung: “Eine interessante Persönlichkeit, ein großer Mensch und Demokrat.”
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Erhältlich ist der Band in der Geschäftsstelle des Heimatkundlichen Arbeitskreises in der Schulgasse 3 in Weiden (Stadtmuseum/Stadtarchiv) sowie im Buchhandel.




