Mensch Meyer im Porträt: Vom Kripo-Mann zu Weidens OB-Krisenmanager
Mensch Meyer im Porträt: Vom Kripo-Mann zu Weidens OB-Krisenmanager
Auftakt zu einem politischen Fernduell: Im Sommer-Interview mit OberpfalzECHO skizzieren Oberbürgermeister Jens Meyer (SPD) und sein Herausforderer Benjamin Zeitler (CSU) ihre sehr verschiedenen Lebenswege und Rezepte für die Stadt Weiden. Standesgemäß beginnen wir mit dem Amtsinhaber. Das Porträt des Kontrahenten folgt am Freitag.
Jens Meyer, geboren in Regensburg und aufgewachsen in Weiden, wechselte vom Beruf des Kriminalbeamten zum Beruf des Oberbürgermeisters von Weiden. In unserer Sommer-Interview-Reihe erzählt er von prägenden Stationen, seinem Einsatz bei der Polizei und seinen Ambitionen als Rathauschef.
Ist der Mann im Chefsessel des Weidener Rathauses überhaupt ein echter Weidener? So viel kann man schon mal konstatieren: Die Sozialisation in Regensburg hält sich in engen Grenzen. Jens Meyer kommt schon als Einjähriger nach Weiden, wo sein Vater Bernd die Bilka-Geschäftsführung übernimmt.
Frühe Verluste, evangelische Prägung, Familientradition
Prägende Figur seiner Jugend ist allerdings Mutter Tina, die nach dem frühen Krebs-Tod des Ehemanns und Vaters die Familie allein versorgen muss – als Pfarramtssekretärin und freie Mitarbeiterin der Oberpfälzer Nachrichten. „Es war oft gespenstisch ruhig in der Wohnung, weil mein Vater starke Schmerzen hatte“, erinnert sich Meyer an die letzten Wochen im Leben des Vaters, der mit nur 34 Jahren an Darmkrebs stirbt.
Jens ist da erst sechs Jahre alt, Bruder Kai drei. Der junge Jens tritt früh in die Fußstapfen seiner Mutter, die sich ein Leben lang in der evangelischen Kirche engagiert – Kindergottesdienste und Zeltlager werden zu einer Art zweites Zuhause für den Jungen. Eine Biografie, die zur Familiengeschichte wird: „Auch meine Kinder setzen diese Tradition fort“, freut sich Meyer. „Der Große ist als Betreuer dabei.“
Blumenstrauß für eine alte Dame
Willkommene Unterbrechung des Gesprächs im Café vor dem Rathaus: Zwei Damen treten an den Tisch und wollen sich für den Blumenstrauß bedanken, den der Oberbürgermeister am Sonntag überreicht hat: Leni Schneeberger wurde am Sonntag stolze 90 Jahre alt: „Wirklich?“, fragt Meyer noch mal nach. Und das ist mehr als ein ehrlich gemeintes Kompliment. Die neun Jahrzehnte sieht man der fitten Frau nicht an.
Bevor sich die schwarzen Wolken am Weidener Himmel erleichtern, erzählt der Kommunalpolitiker weiter: Die Politik tritt auf leisen Sohlen in das Leben des 14-Jährigen. Der Widerstand gegen die WAA in Wackersdorf, Tschernobyl 1986, Waldsterben – all das lässt die evangelische Jugend nicht kalt. „Da muss man sich einfach engagieren.“
Auf Schuierers Spuren
In den 1980er Jahren protestiert er beharrlich, aber immer friedlich, darauf legt er großen Wert, gegen die WAA Wackersdorf – häufig am Franziskusmarterl, wo er sich vom unbeirrbaren Widerstand des damaligen Landrats Hans Schuierer beeindruckt zeigt: „Ich habe ihn damals reden hören, und wir haben Jahrzehnte später zusammen den Wackersdorf-Film angeschaut.“ So schließt sich ein Kreis. Meyer entwickelt früh ein ausgeprägtes umweltpolitisches Bewusstsein und erarbeitet zusammen mit anderen evangelischen Jugendlichen ein entsprechendes Positionspapier.
Und auch die bangen Wochen nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl lassen den Schüler nicht kalt: „Ich habe mich einmal geweigert, in die Weitsprunggrube zu springen“, bekennt er sich zu passivem Widerstand, weil damals niemand so genau wusste, welche Spätfolgen der Wind mit radioaktiven Wolken gegen Westen treiben würde. „Ich bekam erst einmal eine 6“, sagt er schmunzelnd über die verständnislose Reaktion des Sportlehrers, „die wurde aber später zurückgenommen.“
Lokalstolz, Flutkanal-Läufer, „Mensch Meyer“
Als junger Erwachsener verfolgt er Weidens Aufbruch unter Schröpf – Max-Reger-Halle, Eisstadion, Thermenwelt – und entwickelt Heimatstolz. In der Polizeiausbildung in Würzburg schwärmt er so von Weiden, dass ein junger Kronacher Kollege prophetisch meint: „Du musst OB von Weiden werden.“ Der spätere Slogan „Mensch Meyer“ klingt da schon mit: „Nichts Menschliches ist mir fremd.“ Ein Kommunalpolitiker mit Leib und Seele, aber kein kleiner Rathauskönig. Ein Mann der leisen Ironie und lauterer Beharrlichkeit – wie beim morgendlichen Lauf am Flutkanal.
Ein „Meister des Grußworts“ und nüchterner Aktenfresser, zwischen Empathie des Freund und Helfers und Rechtsfestigkeit des studierten Verwaltungswirts: Nach 32 Jahren Polizeidienst, Studium an der Fachhochschule für öffentliches Recht und Verwaltung in Sulzbach-Rosenberg, 12 Jahren zweiter Bürgermeister und fünf Jahren OB kennt der Diplom-Verwaltungswirt (FH) Möglichkeiten und Grenzen seines Amtes. In wöchentlichen Dezernentenrunden ringt er um Kompromisse, die die Bürger erwarten. Seine klare Ansage: „Versucht, unsere Ziele möglich zu machen.“ Aber nur im gesetzlichen Rahmen: „Wenn alle Dezernenten sagen, das ist rechtswidrig, dann mache ich es nicht.“
Jens Meyer auf einen Blick
- Geboren: 1970 in Regensburg, aufgewachsen in Weiden; seit 20 Jahren verheiratet, zwei Söhne (15 und 13 Jahre), evangelische Prägung, Zeltlager Plößberg
- Frühe Politisierung: WAA Wackersdorf, Tschernobyl, Waldsterben („da muss man sich engagieren“)
- 32 Jahre Polizei: vom Streifendienst bis Kripo/Wirtschaftskriminalität
- Seit 2020 Oberbürgermeister: in der Selbstsicht abwägend, rechtssicher, bürgernah
- Aktuelle Themen: Realschule (am Standort), neue Feuerwache, bezahlbarer Wohnraum; keine Haushaltssperre.




