
BioVariance in der vorläufigen Insolvenz: Interview mit Gründer Dr. Josef Scheiber
BioVariance in der vorläufigen Insolvenz: Interview mit Gründer Dr. Josef Scheiber

Herr Scheiber, wie geht es Ihnen heute, nachdem Sie vorläufige Insolvenz anmelden mussten?

Scheiber: Das ist natürlich eine schwierige Situation. Aber weil ich nach wie vor gute Perspektiven sehe, kann ich damit umgehen.
Wann haben Sie die vorläufige Insolvenz angemeldet?
Scheiber: Am Dienstag dieser Woche.
Warum der Schritt jetzt unvermeidbar war
Seit wann hat sich die Insolvenz abgezeichnet?
Scheiber: Die vergangenen eineinhalb Jahre waren extrem herausfordernd. Wir haben vieles mit Gesellschafterdarlehen abgedeckt. Jetzt war der Punkt erreicht, an dem ich handeln musste. Ich habe alles unternommen, um unserem Unternehmen und den Mitarbeitern eine Perspektive zu geben.
Gab es auch externe Impulse?
Scheiber: Ja. Unsere Hausbank, die Volksbank, hat uns stets unterstützt. Zuletzt riet sie, ein Gutachten zu erstellen, wie wir das Geschäft nachhaltig aufstellen können.
Handlungsspielraum im vorläufigen Verfahren
Wie groß ist Ihr Handlungsspielraum jetzt?
Scheiber: Im vorläufigen Insolvenzverfahren muss der Verwalter Betriebsausgaben freigeben. Ich arbeite daran, neue Partnerschaften anzubahnen und laufende Projekte voranzutreiben. Die Frage ist, ob die Umsätze reichen oder ob wir zusätzliche Investoren brauchen.
Wie sah Ihr Geschäftsmodell in der Gründungsphase aus?
Scheiber: Ich komme aus der Forschung. Ausgangspunkt war die komplexe Datenanalyse im Pharmabereich. Später wollten wir uns auf personalisierte Onkologie konzentrieren – dann kam die Pandemie.
Corona‑Boom und abruptes Ende
War Covid‑19 gleichzeitig Chance und Problem?
Scheiber: Zunächst ja. Unsere Kombination aus Software und Labor brachte schnelle Testergebnisse. Wir arbeiteten sieben Tage die Woche in Doppelschichten.
Wie sicher war die Einnahmebasis in dieser Zeit?
Scheiber: Sehr sicher. Wir rechneten über die Kassenärztliche Vereinigung ab und arbeiteten eng mit dem Roten Kreuz. Im Höchststand hatten wir 30 Mitarbeiter. Doch im April 2023 war abrupt Schluss.

Neustart mit Selbsttests und Longevity
Wie wollen Sie wieder anknüpfen?
Scheiber: Wir setzen auf Lifestyle‑ und Gesundheitsselbsttests, die man online bestellt, zu Hause abnimmt und an uns zurückschickt. Die Auswertung liefert zum Beispiel das biologische Alter oder Hinweise auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
Ist das hierzulande nicht noch Nische?
Scheiber: In den USA gibt es einen großen Markt, und auch bei uns wächst das Interesse an Bio‑Hacking und Longevity.
Fehlgriffe und Lernkurven
Gab es strategische Fehler?
Scheiber: Ja. Nach Corona verließ ich mich zu sehr auf einen einzelnen Großkunden im Fitnessbereich. Das war ein Fehler.
Woran scheiterte die Zusammenarbeit?
Scheiber: Es gab Verträge, die nicht wie zugesagt umgesetzt wurden. Ich bin Optimist und habe mich darauf verlassen – ein Trugschluss.

Mehrere Standbeine statt Abhängigkeit
Welche Projekte geben heute Hoffnung?
Scheiber: Ich setze auf mehrere parallele Geschäftsfelder: betriebliches Gesundheitsmanagement, neue Longevity‑Partnerschaften und unsere Selbsttests, ergänzt durch Partnerprodukte wie Nahrungsergänzungen.
Wie bewertet der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Harald Schwartz die Lage?
Scheiber: Wir haben noch nicht persönlich gesprochen, aber er äußerte vorsichtigen Optimismus. Der Datentransfer an sein Team läuft bereits.

BioVariance
• Branche: Biotechnologie / personalisierte Medizin
• Gründung: 2013 in Tirschenreuth durch Dr. Josef Scheiber
• Kernkompetenz: molekulare und bioinformatische Analysen, Self‑Care‑Tests, Datenplattformen für personalisierte Medizin
• Mitarbeiter: Bis zu 30 während der Corona‑Hochphase, aktuell deutlich reduziert
• Aktuelles Verfahren: Vorläufige Insolvenz seit Dienstag (KW XX / 2025), Insolvenzverwalter Dr. Harald Schwartz
• Website: www.biovariance.com / shop.biovariance.com