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Tageszeitung: Papierschlacht im digitalen Wandel

Weiden. Hinter die Kulissen der Zeitungsproduktion zu schauen, das war das eine, was die Wirtschaftsjunioren Nordoberpfalz interessierte. Genauso wichtig aber war die Frage nach der Zukunft der Zeitung in einer Zeit, in der immer mehr junge Leser abspringen. Das diskutierten sie mit dem Chefredakteur vom „Neuen Tag“. Von Alexandra Buba Die bloßen Zahlen beeindrucken: Ein etliche Millionen teurer, gigantischer Druckmaschinenkoloss spuckt zwölf fertige Zeitungen in der Sekunde aus, 40 Stundenkilometer schnell laufen dafür die Walzen, in nur zweieinhalb Stunden werden knapp 86.000 Ausgaben produziert, 20 Tonnen Papier gehen dabei von der Rolle; 75 Fahrzeuge warten Nacht für Nacht an der Rampe  […]

Tageszeitung: Papierschlacht im digitalen Wandel

Weiden. Hinter die Kulissen der Zeitungsproduktion zu schauen, das war das eine, was die Wirtschaftsjunioren Nordoberpfalz interessierte. Genauso wichtig aber war die Frage nach der Zukunft der Zeitung in einer Zeit, in der immer mehr junge Leser abspringen. Das diskutierten sie mit dem Chefredakteur vom „Neuen Tag“.

Von Alexandra Buba

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Die Wirtschaftsjunioren Nordoberpfalz bei ihrem Besuch des Druckzentrums des Neuen Tags.

Die bloßen Zahlen beeindrucken: Ein etliche Millionen teurer, gigantischer Druckmaschinenkoloss spuckt zwölf fertige Zeitungen in der Sekunde aus, 40 Stundenkilometer schnell laufen dafür die Walzen, in nur zweieinhalb Stunden werden knapp 86.000 Ausgaben produziert, 20 Tonnen Papier gehen dabei von der Rolle; 75 Fahrzeuge warten Nacht für Nacht an der Rampe  darauf, die Zeitungen zu den 3.000 Abladestellen zu bringen, wo die 2.000 Zusteller sie übernehmen, damit jeder Leser spätestens um sechs Uhr morgens sein Exemplar vor der Haustür findet.

Viel ausgeklügelte Logistik ist dafür nötig, wie die Wirtschaftsjunioren Nordoberpfalz jetzt erfahren durften, als sie das Druckzentrum des Medienhauses Der Neue Tag im Industriegebiet Weiden-West besichtigten. Dort befindet sich seit vier Jahren die komplette Technik der Zeitungsmacher, die rund 400 Mitarbeiter beschäftigen. In der Nacht – die mit dem Andruck um 22:45 Uhr beginnt – kommt man aber im Druckzentrum selbst mit vier Mitarbeitern aus. Sie überwachen den Druckvorgang und wechseln die Druckplatten, reißt eine der riesigen Papierrollen, beseitigen sie selbstverständlich auch den Papierstau, der bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h natürlich einen gewaltigen Wust ausmacht.

Nur fünf Prozent E-Paper

Ob diese Prozesse auch in einer Zukunft der immer weiter fortschreitenden Digitalisierung so ablaufen können, war freilich eine der zentralen Fragen, die die Wirtschaftsjunioren bei ihrem Besuch mit im Gepäck hatten. Im NT-Chefredakteur Norbert Gottlöber fanden sie nicht nur einen kompetenten, sondern auch einen dankbaren Diskussionspartner – zu selten komme man doch sonst mit dem Leser direkt ins Gespräch, so Gottlöber.

Tatsächlich habe der Neue Tag derzeit eine Auflage von 86.000 Exemplaren – 82 Prozent davon werden im Abo vertrieben. E-Paper setzt das Medienhaus dagegen momentan rund 4.300 ab. “Kann das auf Dauer funktionieren, wenn immer weniger insbesondere junge Menschen sich über das Medium Zeitung informierten?” fragten sich die Junioren. Der Auflagenschwund sei tatsächlich ein Phänomen, dem sich alle deutschen Zeitungen stellen müssten, so Gottlöber. Patentrezepte für funktionierende Geschäftsmodelle gibt es im Internet bislang – auch beim NT – leider nicht.

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Idee für’s Internet-Geschäft fehlt

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Haushohe Papierrollenstapel türmen sich im Lager das Druckzentrums.

„Wenn Sie heute die Idee haben, wie Verlage mit ihren redaktionellen Inhalten im Internet nachhaltig Geld verdienen, dann können Sie sofort aufhören zu arbeiten“, stellte der Chefredakteur in Aussicht. Doch so einfach sei es dann doch nicht. Denn viele Informationen, die in der Zeitung stehen, gebe es im Internet kostenlos. Fürchten die etablierten Verlage nicht, dass diese Konkurrenz ihre Medien eines Tages ganz überflüssig machen wird? Immer weniger junge Leute informierten sich schließlich über die Zeitung, so die Junioren.

Den entscheidenden Unterschied mache die Qualität, meint Gottlöber. „Selbst wenn Sie etwas schon aus dem Internet erfahren haben, wollen Sie es in vielen Fällen noch einmal nachlesen, suchen Hintergrundinformationen und eine Einordnung des Ganzen.“ Dafür zahlte der Leser heute in erster Linie, ebenso wie für die Verlässlichkeit und Seriosität der Information.

Strafrechtlich relevante Kommentare

Glücklicherweise hinterfragen Internetnutzer mittlerweile öfter die Quelle dessen, was sie lesen. Hier muss das Medienhaus punkten und seine redaktionelle Kompetenz zeigen. Warum das in Zeiten, in denen jeder seine Meinung ganz einfach einer riesigen Öffentlichkeit entgegen schmettern kann, so wichtig ist, zeigen die Internetangebote des NT. „Wir haben heute 28.000 Fans auf facebook. Aber was glauben Sie, was wir auf unserer eigenen Seite an Kommentaren nicht veröffentlichen, weil sie einfach strafrechtlich relevant sind“, so der Chefredakteur.

Qualitätsjournalismus hat demnach eine Zukunft – allerdings nicht zwangsweise auf bedrucktem Recyclingpapier. Wie diese Zukunft konkret aussehen könnte, wollten die Junioren wissen; schließlich mache gerade das Internet es doch möglich, genau zu analysieren, was Leser anspricht. Ob sich daraus nicht ein Geschäft entwickeln lasse?

Tatsächlich sei die individualisierte Zeitung –  gedruckt oder nicht –  die jedem Leser genau das anbieten kann, was ihn interessiert, eventuell ein Zukunftsmodell, stellte Gottlöber in Aussicht. „Keinen Sport oder überwiegend den Sport? Mehr Kultur oder gar keine? Die große Politik oder noch mehr Regionales? Am Ende auch mehr Themen, die Frauen interessieren?“, überlegte der Chefredakteur. Die Junioren jedenfalls dürften sich vor allem über einen stärkeren regionalen Wirtschaftsteil freuen.