
Festnahme im Müllskandal - Geschäftsführer (52) in Untersuchungshaft

Festnahme im Müllskandal - Geschäftsführer (52) in Untersuchungshaft
Um 10.30 Uhr wurde der Weidener dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Zollfahnder in zwei Zivilfahrzeugen brachten den Beschuldigten zum Amtsgericht. In kurzen Hosen lief der 52-Jährige – trotz der Fußfesseln sehr zügig – die Treppen zum Justizeingang nach oben. Die Beamten folgten ihm mit Unterlagen. Begleitet wurde der Tross von einem Pkw mit tschechischem Kennzeichen. Im Gericht wartete schon der Verteidiger.

Der Termin beim Ermittlungsrichter dauerte rund zwei Stunden. Am Ende folgte der Richter dem Antrag der Staatsanwaltschaft Weiden und erließ den gewünschten Haftbefehl, bestätigte am Mittag Oberstaatsanwalt Christian Härtl. Damit bleibt der Geschäftsführer bis auf Weiteres in Untersuchungshaft.
Verdacht erhärtet: Gefährliche Abfälle ins Ausland gebracht
Warum erfolgt jetzt die Inhaftierung – fast ein Dreivierteljahr nach Beginn der Ermittlungen? Staatsanwaltsschaft und Zollfahndungsamt informierten darüber am Donnerstagmittag in einer gemeinsamen Mitteilung. Demnach habe sich der Tatverdacht gegen den 52-Jährigen “bestätigt und erhärtet”, schreibt Staatsanwalt Matthias Bauer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Weiden.
Auf “seine Anweisung und seine Anleitung hin” sollen sowohl gefährliche als auch nicht gefährliche Abfälle ins europäische Ausland gebracht worden sein. Und das, ohne die erforderlichen Genehmigungen und Notifizierungen durch die Fachbehörde (in diesem Fall die Regierung der Oberpfalz). Die Staatsanwaltschaft Weiden geht von mindestens 21 Fällen seit 2022 aus.
Internationale Ermittlungsgruppe
Die Staatsanwaltschaft Weiden und das Zollfahndungsamt München ermitteln seit Januar 2025 gegen mehrere Verantwortliche des Recyclingunternehmens. Sitz ist in Weiden, Betriebsstätte in Wernberg im Landkreis Schwandorf. Ermittelt wird gemeinsam mit den tschechischen Kollegen. Auslöser war der Fund von rund 500 Tonnen illegal abgeladenem Müll in Tschechien (siehe Infobox).
Im April 2025 wurde eine Ermittlungsgruppe zwischen der Staatsanwaltschaft Weiden und der Kreisstaatsanwaltschaft in Bruntal (Tschechien) gegründet. Dabei konnten jetzt zusätzliche Beweismittel gesichert werden und durch das Zollfahndungsamt München ausgewertet werden.
Im Müll: Windkraftrotoren, Batterien, Elektronikschrott
Eines der Ergebnisse: Unter Anleitung des Geschäftsführers soll die Gefährlichkeit der Abfälle bewusst und gewollt herabgestuft worden sein. Um gefährliche oder gemischte Abfälle ins europäische Ausland zu bringen, bedürfte es einer Notifizierung. Auch sollen unter Anweisung des Geschäftsführers Batterien in so genannte “Produkte” umgewandelt worden sein, um die Prüfkriterien von Abfall zu umgehen. Dann wurden die Altbatterien nach Tschechien gebracht.
Endlich bekannt wird durch die aktuelle Pressemitteilung auch, was da eigentlich tonnenweise in Tschechien herumliegt. Bei dem in Tschechien gefundenem Müll handelt es sich demnach um ein Gemisch von Fiberglas, Gummi und Metallen, Glasfaserresten aus Windkraftpropellern und Flugzeugteilen. Nach Auskunft des Zolls lagern in Tschechien zudem weitere diverse Kunststoffe, Metalle, Holz, Papier, Keramik, Steine, Elektro- und Elektronikschrott.
Deutsch-tschechische Zusammenarbeit positiv
Für den Sprecher des Zollfahndungsamtes München, Christian Schüttenkopf, ist der Haftbefehl auch Anlass, das Teamwork der tschechischen und deutschen Ermittlungsbehörden hervorzuheben: “Damit hat die Zusammenarbeit weitere positive Ermittlungsergebnisse erbracht.”
Um was geht es im “Müllskandal”?

Es geht es um rund 500 Tonnen Müll, die von einem Oberpfälzer Unternehmen ins Nachbarland geschickt worden sein sollen. Darunter ausrangierte Fahrzeug-Batterien und Rotorblätter von Windkraftanlagen.
Anfang des Jahres meldete Bára Šišková, die Bürgermeisterin des Ortes Jiříkov, dass nahe ihres Dorfes bei Ostrava tonnenweise illegaler Müll lagere. Die Bürgermeisterin hinderte an diesem Tag fünf weitere Trucks am Abladen. “Offiziell sollte es sich um Plastik handeln, in der Praxis handelte es sich jedoch um eine Mischung aus Glasfaser, Gummi, Metallen oder Batterieresten”, schrieb damals der stellvertretende tschechische Umweltminister, František Talíř, auf Facebook.
Dann wurde bekannt, dass es zwei weitere und noch größere Deponien in Brünn und Mokovice-Slizany mit über 500 Tonnen identischem Müll(entspricht 30 Lkw-Ladungen) gibt.
Absender war laut einer Ministeriumssprecherin ein Entsorgungsunternehmen mit Werkshalle in Wernberg und Sitz in Weiden in der Oberpfalz.
Auf Beschluss der Staatsanwaltschaft Weiden sind im Januar 2025 das Firmengelände in Wernberg sowie Privat-/Firmen-Adressen in Weiden durchsucht worden. Als Beschuldigte werden der Geschäftsführer sowie ein leitender Mitarbeiter geführt. Die Ermittlungen hat das Zollfahndungsamt übernommen.
Wohin mit dem Müll? Die Regierung der Oberpfalz hatte Ende März per Bescheid die Rücknahme und ordnungsgemäße Entsorgung der noch in der Tschechischen Republik lagernden Abfälle gegenüber der verantwortlichen Firma angeordnet. Die Regierung der Oberpfalz hat inzwischen eine Firma mit der Rückholung beauftragt.
Am Ende bleibt womöglich der Staat auf den Kosten sitzen: Die Firma hat im März Insolvenz angemeldet und steht seither unter der Regie eines Insolvenzverwalters.

Müll in Tschechien: Ab nächster Woche wird Rückholung durch Freistaat Bayern vorbereitet
Weiden/Regensburg. Rund 466 Tonnen Müll in Tschechien, die aus einem Oberpfälzer Entsorgungsbetrieb stammen, werden ab nächster Woche zurückgeholt. Wie Regierungssprecherin Kathrin Kammermeier bestätigt, hat die Regierung eine andere Firma damit beauftragt.