
Funken für die Zukunft: Anlagenbauer Forster setzt auf Grünen Stahl
Funken für die Zukunft: Anlagenbauer Forster setzt auf Grünen Stahl

Grüner Stahl, das klingt im ersten Moment nach Idealismus, Ideologie oder Illusion. Für Anton Forster und seinen Schwiegersohn Ludwig Lachmeyer, Prokurist bei Forster Anlagenbau, ist es dagegen einfach ein idealer Werkstoff mit Potenzial – politisch, ökologisch und wirtschaftlich.

Der Mittelständler aus der Nordoberpfalz versucht mit Einfallsreichtum und Innovationspower, den Umbruch in der Stahlbranche nicht nur zu überleben, sondern proaktiv mitzugestalten. Nicht am Grünen Tisch, sondern in der Praxis – in seinen Werkshallen in Mantel und Weiden.
Nachhaltigkeit nicht als PR, sondern als Prozess
„Wir sind Anlagenbauer, keine Stahlhersteller“, stellt Anton Forster gleich zu Beginn klar. Die Gretchenfrage sei also nicht: Können wir Grünen Stahl herstellen? Sondern: Können wir damit arbeiten – effizient, zertifiziert, in Serie? „Derzeit beziehen wir Grünen Stahl ausschließlich recycelt auf Schrottbasis, hergestellt im Lichtbogenofen und bearbeiten ihn mit CNC-Maschinen und Schweißgeräten, die von unserer eigenen PV-Anlage betrieben werden.“ Fast 75 Prozent der Fertigung laufen CO₂-arm – in der Gruppe, mit bald 530.000 kWh jährlich aus eigener Solarleistung.
Doch die Serienproduktion des grünen Werkstoffs ist aufwendig. Und der Preis etwas höher als bei herkömmlichem Stahl. Lachmeyer: „Derzeit kostet er 10 bis 20 Prozent mehr, je nach Bestellmenge.“ Klar, je größer der Auftrag, desto günstiger wird es. Die Qualität sei dieselbe, das Verfahren aber deutlich komplexer. Vorreiter wie Salzgitter AG bleiben auf Kurs – andere wie ArcelorMittal oder Thyssen ziehen sich aus der Entwicklung zurück. Auch, weil das industrielle Umfeld zu wenig Anreize bietet.

Warum Beton klimaschädlicher ist – und Stahl unterschätzt
Forster hält ein leidenschaftliches Plädoyer für seinen Werkstoff: „Stahl ist ein nachhaltiges und umweltschonendes Material – in die Herstellung von Beton muss man wesentlich mehr Energie reinstecken. Vor allem Stahlbeton ist eine CO₂-Bombe.“ In den USA oder China sei man längst weiter: Dort entstünden neue Großbauten überwiegend aus Stahl – nicht aus Prestige, sondern wegen der Klimabilanz. Die Zukunft liegt in der Kreislaufwirtschaft – hier sei Stahl unschlagbar. „Zu 100 Prozent recycelbar“, betont Forster.
Gerade die öffentliche Hand habe hier Vorbildfunktion. Und genau da klemmt es, so der Weidener Unternehmer: „Stahl als Rohmaterial macht bei einem Projekt etwa 40 bis 50 Prozent der Herstellungskosten aus. Grüner Stahl erhöht den Endpreis in der Gesamtbilanz deshalb lediglich um zehn Prozent.“ Gleichzeitig leiste sich der öffentliche Sektor architektonische Spielereien, die ein Vielfaches kosteten. „Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht mehr“, sagt Forster.

Ausschreibungen als Klimakiller?
Deshalb ist die Vergabepraxis öffentlicher Stellen ein Dorn in Forsters vorausschauendem Auge. Lachmeyer bringt es auf den Punkt: „Die Politik verabschiedet Klimaziele – aber bei Ausschreibungen zählt dann nur der niedrigste Preis.“ Ohne verpflichtende Nachhaltigkeitskriterien bleibe Grüner Stahl eine Marktnische für Idealisten. Die Unternehmer fordern: „Die öffentliche Hand muss hier mit gutem Beispiel vorangehen – und nicht wieder einmal hinterherlaufen.“ Schließlich sei Stahl neben dem Holzbau wegen seiner Recyclingfähigkeit der umweltfreundlichste Baustoff.
Immerhin: Die Nachfrage steigt. Und Forster weiß, dass er liefern kann. „Wir spielen mit 6000 Tonnen Stahl im Jahr im vorderen Mittelfeld – ab 3000 wird’s auf dem Markt schon dünn.“ Mit modernen Fertigungsmethoden – von der automatisierten Profilbearbeitung bis zur lückenlosen Zertifizierung nach DIN EN 1090 – sei das Unternehmen längst ein Industriebetrieb auf europäischem Niveau. „Früher waren 200 Tonnen viel – heute machen wir das in zwei Wochen.“

Produktivität statt Bauchgefühl
Ein wesentlicher Hebel: Transparenz durch Kennzahlen. Lachmeyer: „Wir analysieren regelmäßig die Auslastung, kommunizieren das auch ans Team. Das schafft Klarheit – und Verlässlichkeit beim Kunden.“ Die gelingt mit der kürzlich erhaltenen Zertifizierung nach ISO 9001 – Ein Qualitätsmanagementsystem – in handwerklicher Qualität. So kommt man auch ins europäische Ausland – etwa in die Schweiz oder nach Dänemark, wo Forster bereits Stammkundschaft bedient.
Forster betont: „Wir verkaufen nicht nur Stahl – wir verkaufen Vertrauen.“ Das sei in Krisenzeiten mehr wert als jeder Rabatt. In Zeiten politischer Unsicherheit sieht auch Lachmeyer Standortvorteile in der guten alten Oberpfalz: „Europa ist verlässlich. Wer will denn derzeit noch in die USA investieren, wenn man nicht weiß, was Trump morgen entscheidet?“
Forster Anlagenbau in Zahlen
- Standort: Weiden
- Leistung: ca. 6000 Tonnen Stahl jährlich
- Fokus: Modulbau, Stahlbau für die Industrie, u. a. Türme und Trägersysteme
- CO₂-Bilanz: 75 % des Energiebedarfs durch eigene PV-Anlage gedeckt
- Grüner Stahl: Verarbeitet wird recycelter, elektrisch eingeschmolzener Stahl (Schrottbasis)
- Zertifizierung: Produktion nach DIN EN 1090, inklusive lückenloser Nachweise
- Digitalisierung: Automatisierte Fertigungsschritte, produktivitätsorientiertes Kennzahlenmanagement
- Kunden: Schwerpunkt Deutschland & Europa, u. a. Schweiz und Dänemark
- Forderung an die Politik: Nachhaltigkeitskriterien in öffentlichen Ausschreibungen verpflichtend machen.