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USA-Experte Professor Bierling in Weiherhammer: King Trump einer Demokratie auf Abruf?

Weiherhammer. 184 Tage nach Trumps Wiederwahl scheint die Welt aus den Fugen – und die amerikanische Demokratie auf einem gefährlichen Pfad. Der Regensburger Politologe Professor Stephan Bierling entwirft bei einer hochkarätigen Veranstaltung der LUCE-Stiftung in Weiherhammer ein düsteres Szenario.

USA-Experte Professor Bierling in Weiherhammer: King Trump einer Demokratie auf Abruf?

Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda

US-Experte Professor Stephan Bierling warnt in Weiherhammer vor autokratischer Erosion und zieht bittere Parallelen zwischen MAGA-Bewegung und AfD. 

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In seiner PowerPoint-Präsentation zeigt er ikonische Porträts von Trump als „King“, der den Rechtsstaat demontiert – zwischen MAGA-Shirts und Machtdurst fragt er: Gibt es sie noch, die Vereinigten Staaten oder sind sie längst die „Unvereinigten Staaten“?

Echo-Interview mit Professor Bierling: Wir sind unglaublich schwach – deshalb kann Trump mit uns so umspringen

Echo-Interview mit Professor Bierling: Wir sind unglaublich schwach – deshalb kann Trump mit uns so umspringen

Weiherhammer. Im Echo-Interview zeichnet der Regensburger Politikwissenschaftler Professor Stephan Bierling ein düsteres Bild von der Trump-Ära. Seine These: Die westliche Demokratie erodiert – und Europa trägt Mitschuld an der eigenen Schwäche.

Wissen als Bollwerk gegen den Zerfall

Severin Hirmer, Vorstand der „Lars und Christian Engel“-Stiftung, zeigt sich bei seiner Begrüßung begeistert von der Resonanz: „Dass wir mit Professor Bierling einen so renommierten Experten gewinnen konnten, zeigt, wie stark unser Netzwerk auch über die Region hinaus ist.“ Die Zukunft unseres wichtigsten transatlantischen Partners interessiert auch Gastgeber Lars Engel und Filius Julian Engel, Landrat Andreas Meier, OTH-Präsident Clemens Bulitta und Vize-Präsident Ulrich Müller, sowie Veit Wagner, unermüdlicher Kämpfer für Menschenrechte und Träger des Bundesverdienstkreuzes.

Hirmer betont die Rolle der LUCE-Stiftung als Impulsgeberin einer „Wissensregion“, in der politische Bildung mehr ist als Sonntagsrede. Der heimliche Star des Abends aber: Susi Prechtl, frühere enge Mitarbeiterin Bierlings, die als BHS-Event-Managerin mit ihrer organisatorischen Klasse maßgeblich dafür sorgte, dass der gefragte Politikwissenschaftler im vollbesetzten Saal erschien. „Du hast so viel für unseren Lehrstuhl getan – da war es keine Frage, dass ich komme“, so Bierling mit Blick auf seine Weggefährtin im rosa Anzug.

Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda

Trump II: Mehr Exekutive, weniger Demokratie

Sechs Monate nach seiner Rückkehr ins Weiße Haus habe Donald Trump „mehr angerichtet als alle Präsidenten der vergangenen 236 Jahre zusammen“, sagt Bierling. Die Zahl spricht Bände: 184 Tage – 171 Exekutivanordnungen. Mehr als Biden in vier Jahren. „Er akzeptiert keine Niederlage, setzt Gerichtsurteile nicht um – das ist autoritärer Stil.“

Trump stilisiere sich zum Opfer – das berühmte „Mugshot“-Foto seiner Verhaftung hat er laut zur millionenschweren Fanartikel-Kampagne umgedeutet. „Jetzt seht ihr, wie das Establishment mich bekämpft“, zitiert Bierling die Rhetorik des Ex-Präsidenten, der seine MAGA-Anhänger wie Gläubige einer neuen Kirche um sich schare.

Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda

USA: Die Unvereinigten Staaten

Bierlings neues Buch „Die Unvereinigten Staaten“ ist das Resümee jahrzehntelanger Polarisierung. Die großen „Zeltparteien“ hätten sich in ideologische Echokammern verwandelt: „Konservative Demokraten und liberale Republikaner sind so gut wie ausgestorben.“

Nur noch acht Prozent der Wählenden gelten als Wechselwähler. Der Kongress ist gelähmt, „die Republikanischen Abgeordneten sind Stimmvieh mit dem Rückgrat einer Qualle“, konstatiert Bierling. Die Checks and Balances – einst das Rückgrat der US-Verfassung – seien durch Trifectas und Supermajorities gefährdet: „Wenn eine Partei komplett durchregiert, ist der Föderalismus am Ende.“

Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda

Polarisierung als Geschäftsmodell

Laut Bierling sei Polarisierung politisch gewollt: „Seit dem republikanischen Mehrheitsführer Newt Gingrich in den 90er-Jahren wissen die Republikaner, wie man emotionalisiert – und mobilisiert.“ Konservative Medien wie Fox News hätten das System weiter polarisiert, soziale Netzwerke mit ihren Algorithmen trügen zur Selbstvergewisserung in Filterblasen bei: „Wir sind am glücklichsten, wenn wir uns nicht mit Widerspruch konfrontieren müssen.“

Das Resultat: ein gespaltenes Land, in dem Wirtschaftsdaten parteipolitisch gedeutet werden – und Trump selbst von Arbeitern of Color gewählt wird, während sich die Demokraten zum Vertreter von Emanzipationsbewegungen und Universitätseliten verengt hätten.

Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda

Demokratie auf Abruf

Der Blick auf die Gerichte verheißt laut Bierling nichts Gutes: „Sie sind vom Schiedsrichter zum Mitspieler geworden.“ Statt der vorgesehenen Gewaltenteilung erlebe man eine gefährliche Machtballung im Präsidentenamt – begünstigt durch die Angst der Abgeordneten, sich gegen Trump zu stellen.

Und der Blick in die Verfassung? „Der Präsident war dort in der ersten Version gar nicht vorgesehen. Man fürchtete eine Machtkonzentration – heute hat man sie.“ Trump nutze sein Amt, um das System auszuhöhlen: „Er sieht sich als König – und postet das auch so.“

Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda

Hoffnung trotz allem?

Ein Fünkchen Hoffnung bleibt: Themen wie Homo-Ehe oder gemischte Ehen seien einst ebenfalls umstritten gewesen – heute mehrheitsfähig. Auch bei Fragen wie China, Immigration oder Protektionismus zeichne sich überparteilicher Konsens ab.

Aber: Die Gefahr, so Bierling, sei real. Sollte Trump seine Autokratie ausweiten, könne es „Jahrzehnte dauern, bis das Vertrauen in die Demokratie wiederhergestellt ist.“

Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda
Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda
Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen HerdaDie USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda
Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda
Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda
Die USA bewegen auch die Oberpfalz: Volles FutureLab in Weiherhammer beim Vortrag des US-Experten Professor Stephan Bierling. Foto: Jürgen Herda

Publikumsfragen: Weit weg von US-Verhältnissen?

Auf die Frage von Günther Preuß, wie weit Deutschland noch von amerikanischen Zuständen entfernt sei, antwortete Bierling differenziert: „Sehr weit – aber auch bei uns sehe ich Erosionsprozesse, vor allem die Zersplitterung des Parteiensystems.“

Auch auf die Rolle der Heritage Foundation ging er ein: Das Projekt 2025 begreife Trump als Gefäß, das man füllen könne – doch der „patrimoniale Herrscher“ interessiere sich nur für sich selbst. Und die Hoffnung auf Brain-Drain Richtung Europa? „Harvard-Leute kommen nicht nach Deutschland. Dafür sind unsere Unis zu schäbig – und zu arm.“

Zur Person: Prof. Dr. Stephan Bierling

  • Lehrstuhlinhaber für Internationale Politik an der Universität Regensburg
  • Berät Bundestag, Bundesregierung, Medien und Unternehmen in transatlantischen Fragen
  • Autor mehrerer Standardwerke zur US-Politik
  • Zuletzt erschienen:
    • America First – Donald Trump im Weißen Haus
    • Die Unvereinigten Staaten – Amerika am Scheideweg
  • Spezialgebiete: US-Demokratie, Außenpolitik, transatlantische Beziehungen, Globale Machtverschiebungen