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YEPP-Vize Severin Hirmer: Europa, bitte nicht abschreiben!

Weiherhammer/Brüssel. Manch ein Ort in der Oberpfalz wirbt ja gerne mit dem Emblem „Mitte Europas“. Nicht so geläufig ist die Tatsache, dass sich europäische Netzwerker mitten unter uns befinden. Einer davon: YEPP-Vize Severin Hirmer aus Weiherhammer.

YEPP-Vize Severin Hirmer: Europa, bitte nicht abschreiben!

Severin Hirmer im Echo-Gespräch: Der Kommunalpolitiker aus Weiherhammer wurde als YEPP-Vize-Vorsitzender bestätigt. Foto: Jürgen Herda

Im Echo-Interview spricht Severin Hirmer über seinen so gar nicht geplanten Weg fast an die Spitze der Jungen Europäischen Volkspartei (YEPP) sowie über Querschüssler, Karriere-Sprungbretter und warum wir Deutschen Europa bitte nicht abschreiben sollten – in Zeiten von Trumpismus und anderen Autokraten ist die bessere Alternative, die Europäische Union weiterzuentwickeln statt sie abzuwickeln.

Severin Hirmer, Oberpfälzer CSU-Kommunalpolitiker, Stiftungsvorstand und wieder gewählter Vizepräsident der Jungen Europäischen Volkspartei (YEPP), hat sich mit Disziplin, Netzwerk und einem Hang zum Pragmatismus auf europapolitisches Parkett vorgearbeitet. Wie man zwischen Moldau-Reise, MBA-Studium und Heimatfest in Mons den politischen Kompass behält, erzählt er im Gespräch mit OberpfalzECHO.

Top-Position als Nebenrolle

„Ich kam zur YEPP wie die Jungfrau zum Kind“, lacht Hirmer. Irgendwann sei in der Jungen Union die Anfrage aufgeploppt, ob er sich nicht als deutscher Vertreter auf europäischer Ebene einbringen wolle. 2023 dann die Wahl in Braga – seither ist der Mitorganisator des DENK.summits einer von neun Vizepräsidenten eines fein austarierten Regionalsystems: „Deutschland hat Anspruch auf einen der Posten, aber das heißt nicht, dass man automatisch gewählt wird.“ 2025 kämpften 12 Bewerber um neun Plätze, zwei scheiterten. „Man muss mehr mitbringen als Parteibuch und Parteilogo.“

Gerade die osteuropäischen Mitgliedsverbände messen Europa deutlich mehr Bedeutung bei als viele Westeuropäer: „In Rumänien oder Polen empfangen dich Staatschefs. Bei uns wird der Opa nach Brüssel geschickt.“ Dabei sei die EU längst die wichtigste politische Ebene. „Wir Deutschen müssen aufpassen, dass wir nicht zwischen Ursula von der Leyen und Manfred Weber einfach vergessen werden.“

EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen mit Severin Hirmer aus Weiherhammer
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßt Severin Hirmer aus Weiherhammer in Brüssel. Sie bedankte sich für die Unterstützung beim zurückliegenden EPP-Congress (Europäische Volkspartei) in Bukarest. Foto: Orsaki Roussetou

Weg vom Einstimmigkeitsprinzip: Die EU braucht Zähne

Wenn Hirmer über Europa spricht, klingt das weniger nach idealistischer Sonntagsrede als nach Oberpfälzer Realismus. „Wir bekommen es nicht hin, als EU eine klare Linie gegenüber China, Russland oder den USA zu vertreten. Das liegt auch am Einstimmigkeitsprinzip.“

„Früher oder später muss das fallen“, fordert Hirmer, „sonst wird Europa zahnlos bleiben.“ Auch in Fragen wie Beschaffung, Steuerpolitik oder Verteidigung sieht er dringend Handlungsbedarf: „Wenn mir beim Heimatfest NATO-Militärs bestätigen, dass deren Kommandostrukturen funktionieren, dann sollte das auch in Europa möglich sein.“

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YEPP als Kaderschmiede?

Ob YEPP eine Karriere-Schmiede sei? „Schon“, räumt er ein. „Aber ich mache das nicht, weil ich Karrierepläne habe. Sondern weil ich glaube, dass es mir als Mensch etwas bringt.“ Als früherer Zweiter Bürgermeister von Weiherhammer habe er gelernt, wie man Verantwortung trägt – und sie wieder abgibt: „Ich habe das Bürgermeisteramt niedergelegt, weil ich mich auf die LUCE-Stiftung konzentrieren will.“ Von dort aus will er auch europäische Innovationsnetzwerke stärken.

Die politische Arbeit in der YEPP empfindet er als deutlich direkter und unkomplizierter als in der deutschen Parteilogik: „Die Mitgliedsverbände schicken ihre Vertreter, viele kandidieren gar nicht selbst, sondern bauen Netzwerke. Man kennt sich, auch wenn man sich jahrelang nicht sieht.“

Zwischen Green Deal und Ukrainekrieg

YEPP bekennt sich zu Freiheit, sozialer Marktwirtschaft, europäischer Einigung. Und unterstützt den Green Deal. Doch: „Wenn dir ein ukrainischer Kollege vom Frontdienst erzählt, redest du nicht über Klimapolitik.“ Komplexität sei die größte Gefahr für Europa: „Wer nur einfach leben will, wählt Parteien mit vermeintlich einfachen Antworten.“

Auch den Vertrauensverlust der Wissenschaft und die Macht von Social Media sieht Hirmer kritisch: „Wenn Spiderman93 auf TikTok die Welt erklärt, kann keiner mehr die Expertise nachprüfen. Wir brauchen eine Debatte darüber, wer sich mit welchem Namen und welcher Qualifikation äußert.“

Europa, aber kommunal gedacht

Trotz Brüssel-Perspektive verliert Hirmer die kommunale Ebene nicht aus dem Blick: „Oft schimpfen Kommunalpolitiker über Land und Bund, dabei können sie vieles selbst umsetzen.“ Die Verschränkung von lokaler Verantwortung und europäischer Perspektive sei sein Markenkern.

In seiner zweiten Amtszeit will er die Struktur der YEPP mitgestalten, neue Veranstaltungsformate erproben, und junge Menschen ermutigen, über den Tellerrand hinaus zu denken. „Volt hat auch deshalb Erfolg, weil es sich vom nationalen Tunnelblick verabschiedet hat.“

Severin Hirmer im Echo-Gespräch: Der Kommunalpolitiker aus Weiherhammer wurde als YEPP-Vize-Vorsitzender bestätigt. Foto: Jürgen Herda

Wer ist Severin Hirmer?

Severin Hirmer (35) stammt aus Weiherhammer (Landkreis Neustadt/WN) und ist Vorstandsvorsitzender der LUCE-Stiftung. Seit 2023 ist er Vizepräsident der YEPP, dem Jugendverband der Europäischen Volkspartei (EVP).

Hirmer studierte berufsbegleitend „Digital Business Management“ (MBA) an der OTH Amberg-Weiden und war zuvor unter anderem Zweiter Bürgermeister und JU-Kreisvorsitzender. Hirmer gilt als gut vernetzter Pragmatiker, der Brücken zwischen Kommunalpolitik und europäischer Entscheidungsfindung bauen will.