
Jahn in Liga 3: Klare Kiste gegen Schweinfurt ist kein Ruhmesblatt
Jahn in Liga 3: Klare Kiste gegen Schweinfurt ist kein Ruhmesblatt

Der SSV Jahn gewinnt gegen Aufsteiger Schweinfurt vermeintlich klar mit 3:0. Doch es sollte sich keiner von diesen klaren Ziffern täuschen lassen. Frei nach dem Motto: Spare mit Kritik in der Not, aber sprich Klartext, wenn ein Erfolg über eine enttäuschende Leistung hinwegtäuscht.

Soll heißen: Eine erste Halbzeit zum Vergessen. 50 grauenhafte Minuten, die mit dem Pokal-Fight gegen Köln so wenig zu tun haben wie Schweinfurt mit Torgefahr. Die Gäste bleiben selbst dann harmlos, wenn sie eine Chance auf dem Silbertablett serviert bekommen. Was zum Glück für den Jahn nicht allzu oft geschieht.
Ansonsten: Viele verletzungsbedingte Unterbrechungen, kaum Torszenen, ein Schussverhältnis von 1:2! Dass dann kurz vor der Pause doch ein schmeichelhaftes 1:0 auf der Anzeigentafel steht, haben die Oberpfälzer dem Blackout von Schweinfurts Keeper Toni Stahl zu verdanken, der unter Druck den Ball aus der Gefahrenzone schlagen will und stattdessen Phil Beckhoff bedient, der aus 18 Metern Maß nimmt und am Keeper vorbei ins leere Tor einnetzt.
Führung bekommt Risse
Dass zu Beginn von Hälfte 2 ein klein wenig Powerfußball zu sehen ist, haben die knapp 8000 Zuschauer zunächst eher den Unterfranken zu verdanken, die sich redlich um den Ausgleich bemühen. Eine gute Freistoßgelegenheit, ein Foul im Strafraum mit Fifty-fifty-Elferpotenzial – und Regensburgs Führung bekommt schon wieder Risse.
Das eröffnet dem Zweitligaabsteiger allerdings Räume nach den nun häufigeren Balleroberungen, mit denen sie zumindest ab und an für Gefahr sorgen. Wie durch Noel Eichingers fein gezirkelten Freistoß zum 2:0 – oder beim Tempogegenstoß, als Benedikt Bauer Stoßstürmer Lucas Hermes exakt in die Gasse schickt, der den Keeper umkurvt und cool einnetzt. Es folgen noch einige überfallartige Attacken, von denen der eingewechselte Sebastian Stolze die beste versemmelt – aus vier Metern in Stahls Arme.

Stimmungsaufheller, kein Gradmesser
Unterm Strich: ein klarer Stimmungsaufheller, der vorübergehende große Sprung von Platz 19 auf 11, und Ansätze zur Besserung. Auf der Kehrseite der Medaille: Ohne das halbe Eigentor in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, ein möglicher Elfer für die Gäste – und der Jahn wäre in größter Depression versunken. Letztlich bleibt ein Kontersieg gegen tapfere, aber harmlose Schnüdel, die obendrein mit signifikantem Verletzungspech zu kämpfen haben.
Sicher kein Gradmesser für den Leistungsstand der Regensburger. Noch mal zur Erinnerung: Es geht nicht darum zu meckern, aber es gibt keinen Grund zur Entwarnung. Ein couragierter Drittligist hätte den Jahn auch heute vor allem in der ersten Hälfte zerlegen können. Klar, Fußball ist Ergebnissport – und daran gibt’s nichts zu mäkeln.

Durchblick vermisst
Eine charakteristische Szene für Halbzeit 1: Andreas Geipl bekommt die Kugel ins Gesicht, seine Kontaktlinse verrutscht schmerzhaft, Betreuer versuchen minutenlang die Sehhilfe zurechtzurücken. Als der Jahn-Routinier noch immer gehandicapt auf den Platz zurückkommt, fehlt ihm der Durchblick – Ballverlust, prompt kommt Schweinfurt zur ersten Chance: Kevin Fery taucht frei vor Jahn-Torwart Felix Gebhardt auf, der reaktionsschnell pariert (35.).
Bezeichnend, dass es anschließend einen kapitalen Torwartfehler braucht, um Bewegung auf die Anzeigetafel zu bringen: In der Nachspielzeit (45.+2) spielt Toni Stahl den Ball direkt in die Füße von Phil Beckhoff, der aus 18 Metern sofort Maß nimmt und ins leere Tor einschießt – 1:0.
Schweinfurt wittert Morgenluft
Nach Wiederanpfiff liegt zunächst nicht das 2:0, sondern der Ausgleich in der Luft. Erst prüft Manuel Wintzheimer Gebhardt mit einem Freistoß (49.), kurz darauf kommt es nach einem Zweikampf zwischen Beckhoff und Wintzheimer im Strafraum zum großen Aufschrei der Gäste. Schiedsrichter Martin Wilke lässt weiterspielen – eine Szene mit Elfer-Potenzial (59.).
Doch statt des möglichen 1:1 fast im Gegenzug das 2:0: In der 62. Minute zirkelt Noel Eichinger einen Freistoß über die Mauer ins linke Eck – unhaltbar für Stahl. Damit ist der Bann gebrochen, die Unterfranken wirken angeknockt.

Konter entscheiden die Partie
Die Entscheidung dann in der 74. Minute: Benedikt Bauer schnappt sich den Ball im Mittelfeld, setzt Lucas Hermes mit einem perfekten Pass in die Schnittstelle ein. Der Sommerneuzugang behält die Nerven, umkurvt Keeper Stahl und schiebt cool zum 3:0 ein.
Kurz darauf hätten die Hausherren das Ergebnis noch höherschrauben können: Sebastian Stolze, gerade erst eingewechselt, taucht frei vor dem Tor auf, scheitert aber aus vier Metern an Stahl (81.). Statt Jubel über das 4:0 nur Kopfschütteln auf der Tribüne.
Warnsignale statt Euphorie
Jahn-Trainer Michael Wimmer bringt es nach Schlusspfiff auf den Punkt: „Endlich mal drei Punkte. Die erste Halbzeit war zäh, wir mussten einige brenzlige Situationen überstehen. In der zweiten hatten wir einige Balleroberungen, wenn wir die noch besser ausspielen, hätten wir uns früher belohnen können.“
Mit dem 3:0 hat der Jahn den ersten Schritt aus der Krise gemacht – mehr aber nicht. Am kommenden Freitag muss der Regensburger Tross wieder einmal nach Köln reisen, wenn auch nicht zu den Geißböcken – aber auch die Viktoria ist ein anderes Kaliber ist als harmlose Schnüdel. Spätestens dann wird sich zeigen, ob der Sieg gegen Schweinfurt Aufbruch oder nur Strohfeuer ist.
Stimmen zum Spiel
Noel Eichinger: „Wir haben uns vorgenommen, endlich Vollgas zu geben. Im Pokal habe ich zwei drübergehauen – es freut mich, dass es heute geklappt hat.“
Schweinfurt-Coach Viktor Kleinhenz: „Bitter, dass ausgerechnet Toni, der bisher eine super Saison spielt, vor der Pause patzt. Wir starten gut in die zweite Halbzeit, haben eine gute Freistoßposition, dann müssen wir einen Elfer bekommen, stattdessen auf der anderen Seite der Freistoß zum 2:0. Wir hatten deutlich zu viele Ballverluste, jetzt müssen wir uns aufraffen, dann werden wir gegen Wehen wieder gut dagegenhalten.“
Manuel Wintzheimer: „Für mich war’s ein klarer Elfer. Wir haben zu viele einfache Fehler gemacht, aber wir müssen weiter machen – wenn der Knoten platzt, klappt’s auch.“