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Die September-Zahlen verdeutlichen es wieder: die schleichende Erosion des Wohlstands

Oberpfalz. In den letzten Monaten wurde über den drohenden Wohlstandsverlust in Deutschland diskutiert: Über abwandernde Unternehmen, überbordende Bürokratie und den schwindenden Reiz des Wirtschaftsstandorts. Doch während Politik und Wirtschaft über Strukturreformen debattieren, beginnt der eigentliche Wohlstandsverlust längst im Kleinen in Form der Inflation. Denn Geldentwertung ist kein fernes volkswirtschaftliches Phänomen, sondern Alltag: Sie trifft uns alle: unbemerkt, still und schleichend. Der Konsens der Ökonomen ist eindeutig: Wer nicht gegensteuert, bleibt auf der Strecke.

Oberpfalz. In den letzten Monaten wurde über den drohenden Wohlstandsverlust in Deutschland diskutiert: Über abwandernde Unternehmen, überbordende Bürokratie und den schwindenden Reiz des Wirtschaftsstandorts. Doch während Politik und Wirtschaft über Strukturreformen debattieren, beginnt der eigentliche Wohlstandsverlust längst im Kleinen in Form der Inflation.
Denn Geldentwertung ist kein fernes volkswirtschaftliches Phänomen, sondern Alltag: Sie trifft uns alle: unbemerkt, still und schleichend. Der Konsens der Ökonomen ist eindeutig: Wer nicht gegensteuert, bleibt auf der Strecke.
Symbolbild: Pixabay

Die September-Zahlen verdeutlichen es wieder: die schleichende Erosion des Wohlstands

Dr. Matthias Bernhardt arbeitet als Fondsmanager, Vermögensverwalter und Dozent für Finanzmathematik und Finanzmärkte. In seinen Tätigkeiten beschäftigt er sich täglich mit Themen rund um Finanzmärkte, Investmentstrategien und Kapitalmarktforschung. Auch bei OberpfalzECHO bezieht er Stellung zu wirtschaftlich relevanten Fragen.

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Die gesellschaftliche Stimmung in Deutschland ist angespannt. Viele Bürgerinnen und Bürger äußern Unzufriedenheit mit der politischen Lage, während geopolitische Konflikte und wirtschaftliche Unsicherheiten den Nachrichtenzyklus dominieren. Abseits dieser sichtbaren Krisen entwickelt sich jedoch eine stillere, aber nicht minder gefährliche Bedrohung: die fortdauernde Geldentwertung.

Ein unsichtbarer Prozess mit spürbaren Folgen, vor dem man nicht genug warnen kann

Inflation ist schwer zu greifen. Sie verändert keine Zahlen auf dem Konto und doch mindert sie täglich den Wert des Geldes in der Tasche. Im September stieg die Inflationsrate erneut auf 2,4 Prozent. Seit 2020 haben sich die Lebenshaltungskosten in Deutschland um mehr als 20 Prozent erhöht.

Der Effekt zeigt sich unmittelbar im Alltag: beim Wocheneinkauf, in der Gastronomie oder bei den Heizkosten. Die eigentliche Gefahr liegt jedoch nicht in der kurzfristigen Preissteigerung, sondern in der beständigen, kaum wahrgenommenen Entwertung der Kaufkraft. Diese wirkt schleichend und über Jahre hinweg zerstörerisch.

Kaufkraftverlust als systemisches Risiko

Selbst hohe Vermögen bieten keinen Schutz, wenn die Inflation dauerhaft wirkt. Ein Kapital von einer Million Euro verliert bei einer jährlichen Teuerung von zwei Prozent binnen 25 Jahren rund die Hälfte seines realen Wertes. Wer langfristig auf Bankeinlagen oder klassische Zinsprodukte setzt, erlebt daher eine stille Erosion des Wohlstands.

Viele kennen nicht den Unterschied zwischen Realzins und Nominalzins, der ist aber entscheidend. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie trügerisch das Sicherheitsgefühl sein kann: Obwohl Nominalzinsen wieder gestiegen sind, blieb die reale Verzinsung, also die Rendite nach Abzug von Inflation und Steuern, vielfach negativ. Sparen auf dem Konto war in diesem Umfeld ein Verlustgeschäft, ohne dass man es merkt.

Kaufkraftverlust, eigene Berechnungen

Die obige Grafik veranschaulicht den realen Kaufkraftverlust des Geldes bei unterschiedlichen Inflationsraten. Für den Betrag, mit dem man heute noch einen vollen Einkaufswagen im Supermarkt füllen kann, reicht es in zwanzig Jahren nur noch für einen halbvollen.

Ein plastisches Beispiel findet man jeden Sommer in der Eisdiele. Ist man vor ein paar Jahren mit 1,50 EUR in der Tasche zur Eisdiele gegangen, konnte man sich an einer Kugel erfreuen. Heute bekommt man dafür höchstens den freundlichen Hinweis, dass man „mit Karte zahlen“ könne.

Langlebigkeit verschärft die Herausforderung

Parallel dazu verändert der demografische Wandel die finanzielle Realität. Die Lebenserwartung steigt kontinuierlich, medizinische Fortschritte könnten diesen Trend noch beschleunigen. Immer mehr Menschen erreichen ein Alter jenseits der 90 Jahre.

Damit verlängert sich auch der Zeitraum, in dem Vermögen und Altersvorsorge ausreichen müssen. Ein Ruhestand von 30 oder 40 Jahren ist heute keine Seltenheit. Über eine derart lange Zeitspanne entfaltet die Inflation ihre volle Wirkung: Kaufkraftverluste summieren sich, und Ersparnisse, die zu Beginn des Ruhestands komfortabel erscheinen, reichen im Alter oft nur noch für das Nötigste. Hinzu kommen steigende Pflegekosten, die sich bereits heute häufig im fünfstelligen Monatsbereich bewegen – weit über dem, was die Pflegeversicherung abdeckt.

Die trügerische Rückkehr der Zinsen

Mit der Zinswende im Jahr 2022 schien sich für Sparer zunächst eine Wende zum Besseren anzudeuten. Nach Jahren der Null- und Negativzinsen boten Banken wieder bis zu vier Prozent auf Festgeld. Doch diese nominale Rendite täuscht.

Bei einer Inflationsrate von zehn Prozent und unter Berücksichtigung der Kapitalertragsteuer ergibt sich real ein Minus von rund sieben Prozent. Der Kontostand steigt zwar, die Kaufkraft sinkt dennoch. Was hart klingt ist leider Realität: Zinsprodukte vermitteln Stabilität, während sie faktisch Vermögen vernichten.

Sachwerte als Inflationsschutz

Langfristigen Schutz vor Inflation bieten in erster Linie Investitionen in Produktivkapital, also Beteiligungen an Unternehmen. Gut strukturierte Depots reflektieren die reale Wertschöpfung in einer Volkswirtschaft. Historisch erzielten globale Aktienmärkte über mehr als ein Jahrhundert eine durchschnittliche Jahresrendite von rund sieben Prozent.

Auch in Phasen erhöhter Inflation blieb die reale Rendite dadurch im positiven Bereich. Seit Beginn des Jahres 2020 hat der DAX fast 90 Prozent zugelegt, Festgeldanlagen kamen im selben Zeitraum kaum über 20 Prozent hinaus. Und die Inflation? Dreimal dürfen Sie raten.

Was das für das Vermögen bedeutet zeigt die unten stehende Grafik.

Wenn man ein Vermögen von 250.000 EUR auf dem Konto liegen lässt kann man sich nach 40 Jahren genauso viel leisten, wie ein Investor, der mit 50.000 EUR gestartet ist.

Vergleich Kaufkraft bei unterschiedlicher Realverzinsung im Zeitablauf, eigene Berechnungen

Fazit: Wohlstand braucht aktive Vermögensstrategie

Inflation ist kein vorübergehendes Phänomen, sondern ein strukturelles Merkmal unseres modernen Geldsystems. Man kann sich ihr nicht entziehen und sie entfaltet ihre Wirkung umso stärker, je länger man untätig bleibt.

Ein wirksamer Schutz besteht nur in einer strukturierten, breit diversifizierten Anlagestrategie, die reale Erträge erwirtschaftet. Wer seine Finanzplanung regelmäßig überprüft und an das wirtschaftliche Umfeld anpasst, kann den Wert seines Vermögens langfristig sichern. Wer dies versäumt, riskiert, dass der eigene Wohlstand in Zeitlupe verschwindet.